Keine Notwendigkeit, die Rechtsform des Unternehmens zu ändern
Reverse-IPOs bieten privaten Unternehmen den erheblichen Vorteil, dass sie sich keine Gedanken über ihre Rechtsform machen müssen. Unternehmen, die als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) organisiert sind – wie dies in Deutschland häufig der Fall ist – müssen ihre Rechtsform nicht in eine börsentaugliche Kapitalgesellschaft umwandeln. Dies ist besonders vorteilhaft, da die GmbH unter deutschen Privatunternehmen weit verbreitet ist, aber auch für die seltener genutzte GmbH & Co. KGaA gilt.
In Deutschland sind nur „Aktiengesellschaften“ (AG), Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) und Europäische Gesellschaften (Societas Europaea, SE) zum Handel an der Börse zugelassen. Für viele Unternehmen, die ein IPO planen, ist daher die Umwandlung oder Änderung der Rechtsform ein wesentlicher Teil der Vorbereitung [Anders et al., 2009]. Um in Deutschland durch ein klassisches IPO an die Börse zu gehen, muss ein Unternehmen also als AG, KGaA oder SE organisiert sein. Falls dies nicht bereits der Fall ist, muss eine Umwandlung erfolgen, die häufig eine Umstrukturierung mit sich bringt – etwa die Übertragung relevanter Geschäftsbereiche oder steuerliche bzw. organisatorische Maßnahmen [Anders et al., 2009].
Ein Unternehmen kann im Zuge dieser Vorbereitung seine Vermögenswerte auf eine bestehende oder neu gegründete AG, KGaA oder SE übertragen. [Bösl, 2004] erklärt, dass bei der Umwandlung in eine AG – die in Deutschland die häufigste Rechtsform börsennotierter Unternehmen darstellt – lediglich die Rechtsform geändert wird, ohne dass ein Vermögensübergang stattfindet. Die Bewertungen in Handels- und Steuerbilanz bleiben dabei unverändert, sodass die Umwandlung steuerneutral erfolgt (auch im Hinblick auf Grunderwerbsteuer).
Diese Übertragung kann auf folgende Weise erfolgen:
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Einzelrechtsnachfolge: Die Vermögenswerte werden einzeln nach zivilrechtlichen Vorschriften übertragen.
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Sachkapitalerhöhung: Bei einem bestehenden Unternehmen können Vermögenswerte im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung eingebracht werden.
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Sachgründung: Bei einer Neugründung erfolgt die Einbringung im Rahmen der Sachgründung.
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Verschmelzung/Abspaltung: Im Rahmen des Umwandlungsgesetzes können Vermögenswerte durch eine Verschmelzung oder Abspaltung vollständig übertragen werden.
Wird ein Unternehmen also z. B. von einer GmbH oder GmbH & Co. KG in eine AG umgewandelt, ist ein Vermögensübergang unter Umständen gar nicht erforderlich. Die rechtliche Identität des Unternehmens bleibt bestehen – es handelt sich lediglich um eine Änderung der Rechtsform und des rechtlichen Rahmens. Auch die ursprüngliche Gesellschafterstruktur und bestehende Außenbeziehungen bleiben im Rahmen dieses Prozesses unberührt [Anders et al., 2009].
Ein Unternehmen, das jedoch über einen Reverse Merger an die Börse geht, muss sich mit all diesen Aspekten nicht befassen, da es nicht erforderlich ist, vorab die Rechtsform zu ändern. Denn das private Unternehmen wird in eine bereits börsennotierte Mantelgesellschaft eingebracht, die bereits eine der zugelassenen Rechtsformen besitzt – in der Regel eine Aktiengesellschaft (AG).
Ist das Unternehmen allerdings ohnehin bereits in einer börsentauglichen Rechtsform organisiert, entfällt dieser Vorteil des Reverse IPOs, da keine Rechtsformänderung erforderlich wäre. Dies ist jedoch bei der Mehrheit der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) nicht der Fall – sie sind typischerweise als GmbH organisiert und profitieren daher besonders von diesem Vorteil, da sie nicht in eine zugelassene Rechtsform umgewandelt werden müssen, um börsennotiert zu werden.